Verein der Hundeliebhaber e. V.

Keilwirbel (Hemivertebrae)


Einleitung, Ursachen:

Keilwirbel gehören zu den angeborenen Mißbildungen der Wirbelsäule, entstehen also nicht durch falsche oder übermäßige Bewegung beim (Jung-)Hund. Neben anderen vererbten Mißbildungen wie Blockwirbel, Schmetterlingswirbel und Übergangswirbel sind sie die häufigste Form der mangelhaften Wirbelkörperausbildung beim Hund.

Es wird diskutiert, daß sich Keilwirbel aufgrund einer genetisch bedingten mangelhaften Entwicklung oder mangelhaften Durchblutung der Verknöcherungskerne einzelner Wirbelkörpervorstufen („Somiten“) während der Embryogenese (= fetale Entwicklung) ausbilden.

Betroffene Rassen:

Regelmäßig betroffen sind vor allem Hunderassen mit korkenzieherähnlichem Schwanz (sog. „screw-tailed breeds“), wobei der deformierte Schwanz selbst aus Keilwirbeln (und anderen Wirbelmissbildungen besteht). Folgende Rassen haben sehr häufig Keilwirbel:

 

  • Mops
  • Englische Bulldogge
  • Französische Bulldogge
  • Pekingese
  • Boston Terrier


In einzelnen Fallberichten sind Keilwirbel auch bei anderen Hunderassen beschrieben worden (z.B. Rottweiler, Westhighland White Terrier, Foxterrier, Yorkshire Terrier, Beagle, Deutsch-Kurzhaar).

Häufigkeit:

Keilwirbel können einzeln oder mehrfach auftreten, wobei häufig mehrere Keilwirbel direkt nebeneinander zu finden sind. Klassischerweise finden sich Keilwirbel in der mittleren (Th7-9) und etwas seltener in der hinteren Brustwirbelsäule (Th10-13). Es liegen allerdings keine umfangreichen Studien über die prozentuale Häufigkeit bei einzelnen Rassen vor.

Anmerkung: die Abkürzung „Th“ bedeutet Thorakalwirbel (= Brustwirbel), ein gesunder Hund hat 13 Brustwirbel.

Symptome:

Während die meisten Patienten mit Keilwirbeln keine klinischen Symptome zeigen, entwickeln - zumindest im Vergleich zu anderen Wirbelkörpermissbildungen - überdurchschnittliche viele Hund mit Keilwirbeln neurologische Ausfälle.

Diese sind charakterisiert durch Schmerzen, progressive Gehstörungen der Hinterhand mit Ataxie (schwankender Gang) und Lähmungserscheinungen, im fortgeschrittenen Krankheitsstadium auch mit Lähmungen von Blase und Enddarm (Inkontinenz). Die neurologischen Ausfälle werden typischerweise in einem Alter von ca. 6 Monaten bis eineinhalb Jahren beobachtet und verschlechtern sich in der Regel langsam progressiv über mehrere Monate.

Ursachen für die neurologischen Ausfälle sind:

 

  • fortschreitende Wirbelsäulenfehlstellung (Abknickung) wie Kyphose (Buckel nach oben), seltener auch Lordose (Eindellung der Wirbelsäule) oder Skoliose (Krümmung der Wirbelsäule zur Seite)
  • primäre Einengung des Wirbelkanals durch die fortschreitende Wirbelsäulenfehl­stellung mit Rückenmarkskompression
  • sekundäre Einengung des Wirbelkanals durch Instabilität im Bereich der Keilwirbel. Der Körper versucht diese Instabilität auszugleichen, was zu einer Verdickung der Bandstrukturen der Wirbelsäule und im Wirbelkanal führt, ebenso zu einer Verdickung der kleinen Wirbelgelenke. Diese Verdickungen führen zu einer fortschreitenden Einengung des Wirbelkanals mit Kompression des Rückenmarks. Bei chronischen Patienten hat das Rückenmark oft nur noch 50% des normalen Durchmessers.
  • Selten: Luxation (Verschiebung, „Auskugelung“) zwischen 2 Keilwirbeln durch ein plötzliches Trauma (Sprung, Sturz).
  • Wichtig: die Wirbelkörperendplatten und Bandscheiben sind in der Regel normal ausgebildet, teilweise aber auch degeneriert (neuere Veröffentlichung mit Kernspintomographie an drei betroffenen Hunden). Lähmungserscheinungen bei Patienten mit Keilwirbeln durch Bandscheibenvorfälle sind extrem selten!


Diagnose:

Keilwirbel können durch Röntgenaufnahmen in Seiten- und Rückenlage einfach festgestellt werden. In der Regel ist keine Narkose oder Sedation für die Durchführung der Röntgenaufnahmen nötig. Bei Patienten mit neurologischen Störungen müssen allerdings weiterführende Untersuchungen in Vollnarkose vorgenommen werden wie Myelographie (Röntgenkontrastdarstellung des Rückenmarks), Computertomographie oder Kernspintomo­graphie. Diese Untersuchungen sind nötig, um die Schwere, Art (Instabilität oder nicht?) und Stelle (Lokalisation) der Rückenmarksschädigung festzustellen.

Wichtig: zeigen Patienten Lähmungserscheinungen, sollten diese sobald wie möglich ausführlich und gründlich untersucht werden. Je länger die Lähmung besteht, desto schlechter sind die Chancen auf eine Heilung.

Therapie:

Die Behandlung ist abhängig von den Ergebnissen der diagnostischen Untersuchungen. Patienten mit nur leichtgradigen neurologischen Defiziten können nur im Anfangsstadium (!) konservativ, d.h. mit Medikamenten behandelt werden. Zeigt sich keine Besserung oder verschlechtern sich die Lähmungserscheinungen, so ist bald eine Operation notwendig.

Der Art des chirurgischen Eingriffes ist abhängig von der Ursache der Rückenmarkskompression (statisch oder dynamisch).

- Bei statischen Rückenmarkskompressionen (d.h. mit stabiler Wirbelsäule), kann eine Entlastung des Rückenmarks durch die begrenzte Öffnung des Wirbelkanals erfolgreic sein. Hierzu wird ein Teil des Wirbelkörperdaches entfernt um dem Rückenmark Platz zu schaffen.

- Bei dynamischen Läsionen (mit Instabilität) muß die Wirbelsäule mit Schrauben stabilisiert werden, was im Bereich der Brustwirbelsäule einen sehr aufwendigen chirurgischen Eingriff darstellt.



Prognose:

Die Prognose ist abhängig von der Dauer und der Schwere der Symptome.

Generell gilt: je länger die Symptome bestehen und je schwerer die Lähmungserscheinungen sind, desto schlechter sind die Erfolgsaussichten.



Prophylaxe (Vorbeugung):

Im Sinne der Rassegesundheit und aus Tierschutzgründen (Verhindern von Leid und Schmerzen beim Einzeltier) wäre eine Zuchthygiene wünschenswert. Hierzu sollten bei Zuchttieren rechtzeitig Röntgenuntersuchungen vorgenommen werden, um Patienten mit Keilwirbel zu identifizieren und gegebenenfalls aus der Zucht auszuschließen.

Nur diese Maßnahme kann dauerhaft verhindern, daß bestimmte Rassen von einer Krankheit „überrollt“ werden und einen schlechten Ruf bekommen. Züchter und Zuchtverbände sind gefordert zum Wohle und zum Fortbestand ihrer Rassen zu handeln.

Autor:
Dr. Kai Rentmeister

Eigene Anmerkung:

Die Vererbung von Keilwirbeln ist wissenschaftlich noch nicht bewiesen.
Meines Wissens haben ca. 80 - 90 % aller franz. Bulldoggen Keilwirbel. Auch aus keilwirbelfreien Verpaarungen gingen schon Bullys mit Keilwirbeln hervor.
Im ERZ wird streng auf Keilwirbel geachtet, ohne KW Untersuchung erhält man keine ZTP. Leider gibt es aber Verbände und Vereine wo diese Untersuchungen nicht gefordert werden und selbst der größte Verein in Deutschland für franz. Bulldoggen hat erst ziemlich spät damit angefangen. Diese zig Jahre der Misswirtschaft in Sachen Bullyzucht kann man nicht auf einmal ausmerzen, das geht nur Schritt für Schritt.
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